Haushaltsrede 2025
Haushaltsrede von Willi Ratsak
Einführung
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Frau Gansen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Vertreter der Presse und Gäste
Dass ich hier jemals vor Ihnen allen eine Haushaltsrede halten würde, stand nicht auf meiner Agenda. Bedauerlicherweise hat Frau Jutta Seven mit Rücksicht auf ihre Gesundheit den Fraktionsvorsitz niedergelegt. Ich bin daraufhin, vom bisherigen Stellvertreter bis zum Ende dieser Wahlperiode zum Vorsitzenden bestimmt worden . Da ich nach 16jähriger Mitgliedschaft nicht wieder kandidieren werde, sind Sie alle heute Zeuginnen und Zeugen meiner ersten und gleichzeitig letzten Haushaltsrede. Frau Seven wünsche ich, sicher gemeinsam mit allen Anwesenden eine baldige Wiederherstellung ihrer uneingeschränkten Gesundheit
Ich möchte zu Beginn ein paar Worte zur gesamtpolitischen Situation, die weit über unsere Stadt hinausgeht und dennoch großen Einfluss auf unser Denken und Handeln hat, sagen.
Allgemeiner Teil
Unsere Zeit wird bestimmt vom menschbeeinflussten Klimawandel, von demokratisch gewählten, aber nicht demokratisch handelnden Regierungen, die wir zum Teil seit gut achtzig Jahren als Freunde und sogar als Beschützer erlebt haben und von deren aktuellen Handeln wir uns berechtigterweise verunsichert fühlen.
Das Anbieten einfacher Lösungen für komplexe Probleme führt nicht zum Erfolg sondern ins Chaos. Das gilt grundsätzlich weltweit. Eine deutsche Partei, die den Austritt aus der EU und die Wiedereinführung der D-Mark fordert, hat entweder von Wirtschaftspolitik keine Ahnung, oder sehnt Deutschlands wirtschaftlichen Untergang mit Wissen und Wollen herbei . Aber damit nicht genug. Dass eine Partei, die das verbrecherische Handeln des Naziregimes als Fliegenschiss auf der Deutschen Geschichte bezeichnet, verhöhnt die Millionen von Toten in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten und das Schicksal der Überlebenden. Ich werde niemals begreifen, warum sich leider auch sehr viele Gocherinnen und Gocher bei der BT-Wahl dazu hinreißen ließen, solch einer Partei ihre Stimme zu geben. Ist es wirklich nur Gedankenlosigkeit, oder ein stillschweigendes Begrüßen des wiederaufkommenden gefährlichen Geistes des Faschismus. Ich hoffe, dass letzteres nicht der Fall ist und bei der Kommunalwahl im September die Entscheidung dieser Gocherinnen und Gocher eine andere sein wird.
Meine eigene Partei wurde in der gerade erfolgten Bundestagswahl erheblich abgestraft. Ich sehe das mit Bedauern, habe aber auch Verständnis für das Wahlverhalten . Wenn jemand Versprechen gibt, die nicht eingehalten werden, ist dieses Ergebnis eine logische Konsequenz. Ich wünsche der künftigen Bundesregierung, dass sie die Probleme besser angeht und zu Lösungen führt, die zu einem besseren Miteinander, einem Wiedererstarken der Wirtschaft und einem friedlicheren Zusammenleben aller Menschen in unserem Land führt.
Kommunaler Teil
Ich komme nun zum Haushaltsplan für 2025 aus der Sicht der SPD-Fraktion Goch. Der städtische Haushalt ist das Herzstück unserer kommunalen Wirtschaft und Gesellschaft und seine Bedeutung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er zeigt die Prioritäten und Ziele unserer Gemeinde und bestimmt im Teil der Pflichtaufgaben, wie deren finanzielle Mittel verwendet werden. Für freiwillige Aufgaben, die das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger fördern, bleibt in Zeiten wie unserer bedauerlicherweise nur ein sehr geringer Handlungsspielraum.
Es ist nicht die Absicht unserer Fraktion, eine Generalabrechnung mit dem Bürgermeister vorzunehmen und über nicht eingehaltene Sparversprechen, Schuldenmacherei, Aufblähung des Verwaltungsapparates und andere negative Entwicklungen zu lamentieren. Alles, was in den letzten 10 Jahren in Goch dazu geführt hat, dass die finanzielle Situation letztendlich, von kleinen Zwischenhochs abgesehen, immer bedrohlicher wurde, ist zum weitaus größten Teil den Aufgaben zuzuschreiben, zu denen wir von Bund und Land verpflichtet wurden, ohne einen gerechten finanziellen Ausgleich zu erhalten. Dies gilt für die Aufnahme von Flüchtlingen, für Schulen, die Betreuung von Kindern, für die Gesundheitsversorgung und vieles mehr.
Lassen sie mich einen Moment bei der Gesundheitsversorgung bleiben. Die SPD-Fraktion hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf die prekäre Situation in Goch hingewiesen und Abhilfe in Form von finanziellen Anreizen zur Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in Goch beantragt. Uns fehlen Kinderärzt*innen, Hautärzt*innen, Psychiater*innen/Neurolog*innen, um nur einen kleinen Ausschnitt des Mangels zu beschreiben. Wie sagt man so schön? Manchmal muss man dicke Bretter bohren. Endlich ist Goch mit der Gründung eines kommunalen medizinischen Versorgungszentrums (MVZ)aktiv geworden. Der letztendliche Anlass war die Praxisaufgabe der einzigen Kinderärztin, die in Goch noch aktiv war. Es ist uns gelungen, Ärzt*innen für das MVZ zu gewinnen. Allerdings bisher noch keine/n Kinderärztin /Kinderarzt. Aber auch hier besteht berechtigte Hoffnung, dass sich bald jemand findet.
Flüchtlinge
Wir hadern ein wenig damit, dass die Unterkünfte für Flüchtlinge oft, für uns viel zu oft, in sogenannten Wohncontainern erfolgt. Es wäre aus unserer Sicht mit Blick in die Zukunft sinnvoller, Gebäude in massiver , oder Modulbauweise zu errichten, die nach Abklingen der Flüchtlingswelle als Wohnungen für Gocher Familien oder „Neugocher*innen“ genutzt werden können. Im Gewerbepark Weeze-Goch entstehen sukzessiv Unternehmensansiedlungen, die auch Arbeitskräfte anziehen, die derzeit nicht in Goch wohnen, aber sich hier niederlassen möchten. Dies ist nur ein Beispiel für einen Bedarf an Wohnraum. Wir wünschen den Verantwortlichen in unserer Stadt, diese Gedanken vermehrt in die Planung von weiteren Flüchtlingsunterkünften einzubeziehen.
Die Reduzierung der Zeiten für Telefonberatung im Sozialamt unserer Stadt hat zu Ängsten und Protesten Betroffener und ehrenamtlicher Sozialbetreuer*innen geführt. Wir sind diesem Problem nachgegangen. Die Verwaltung unseres Sozialamtes hat glaubhaft belegt, dass hier weder eine böse Absicht noch eine verwaltungsseitige Fehlplanung vorliegt. Es gibt Situationen, die durch krankheitsbedingten Personalausfall, Einarbeitung neuer Kräfte und anderer nur begrenzt planbarer Ereignisse derartige Einschränkungen zeitlich befristet rechtfertigen. Sozialberatung Diakonie. Ein anderer Punkt ist der Besuch uniformierter Bediensteter des Ordnungsamtes bei Empfängern/Antragstellern sozialer Leistungen nach dem SGB. Die hierzu von der Verwaltung auf unsere Nachfrage ergangene Erklärung ist für uns inakzeptabel. Dem Kreis Kleve gehören 16 Städte und Gemeinden an, von denen sich 15 für derartige Überprüfungen dem Außendienst des Job-Centers beim Kreis Kleve bedienen. Auch unter Berücksichtung der Finanzlage unserer Kommune sehen wir keinen Grund dafür, dass Goch hier einen Sonderweg beschreitet. Die Aussage unserer Verwaltung, dass der Besuch von uniformierten Kräften bei sozial schwachen Personen keine Stigmatisierung der Betroffenen bedeutet, klingt für uns befremdlich. Wir nennen uns Miteinander-Stadt. Miteinander bedeutet für uns, dass sich die Qualität dieses Anspruches darin zeigt, wie eine Kommune sich gegenüber den schwächsten Gliedern ihrer Gemeinschaft verhält. Dass eine Familie oder eine Einzelperson, die auf Hilfe nach den Vorschriften der SGB angewiesen ist, sicher nicht allein, sondern in einem größeren Wohnumfeld lebt und dieses Umfeld sicher sehr gut mitbekommt, wenn Nachbarn Besuch von Uniformierten bekommen, sich darüber ihre mehr oder weniger zutreffenden Gedanken machen, soll bei den Betroffenen keine Scham oder Ängste auslösen? Sorry, das verstehen wir nicht. Auch wenn unser zu diesem Thema gestellter Antrag von der TO genommen wurde, weil der Personaleinsatz zum laufenden Geschäft der Verwaltung und nicht in die Zuständigkeit der Politik fällt, bleiben wir diesbezüglich mit unserer Verwaltung im Gespräch und zuversichtlich, dass sich für die Zukunft eine allgemeinverträgliche Lösung findet
Nach vielen Jahren und dem Bohren durch viele dicke Bretter ist es nun endlich so weit, dass der heruntergekommene Verkehrsgarten im Stadtpark beseitigt wird und an dessen Stelle ein Pumptrack und andere, kleinere Sportgeräte errichtet werden. Dem Pumptrack ist eine kleine Skaterbahn angegliedert, die diesen Namen eigentlich nicht verdient. Aus diesem Grund haben wir deren Wegfall am Pumptrack und die Errichtung einer separaten Skaterbahn auf einem noch zu findenden Grundstück, möglicherweise auf dem Gelände eines ehemaligen Spielplatzes am Ende des Stadtparks und in der Nähe der Gustav-Adolf-Schule. Ein Planungskostenansatz für eine Skaterbahn wurde vor einer Woche im H.-u.-F. Ausschuss beschlossen. Das heißt, wir haben den Fuß in der Tür. Den werden wir auch nicht zurückziehen, sondern vielmehr daran arbeiten, diese Tür zur Errichtung der Skaterbahn vollständig zu öffnen.
Über das Schicksal der übrigen Anträge zu sprechen, würde den zeitlichen Rahmen meiner Rede sprengen. Dazu nur so viel: Wir als SPD sind mit den im H.-u.-F. Ausschuss getroffenen Entscheidungen weitestgehend zufrieden. Gern haben wir und nahezu alle anderen Fraktionen dem CDU-Antrag zugestimmt, mit dem der erste Schritt zur Schaffung eines Bürgerhauses, oder nennen Sie es Dorfhauses in Pfalzdorf durch die Einbringung von 25.000,00€ für Planungskosten in den Haushalt aufgenommen wird. Die CDU, die in ihrer Haushaltsrede gern die Rolle, „wir gegen den Rest“ übernimmt, sollte sich vielleicht ein wenig mehr auf das besinnen, was uns alle miteinander verbindet, nämlich die Arbeit für das Wohl unserer Kommune mit all ihren Ortsteilen. Wenn die CDU dann den Gesamthaushalt ablehnt, stimmt sie rein formal auch gegen ihren eigenen Antrag auf Einbringung von 25.000,00€ für Planungskosten für ein Dorfhaus in Pfalzdorf und darf froh sein, von den übrigen Fraktionen überstimmt worden zu sein. So viel dazu.
Kinder
Erfreulicherweise werden in Goch noch Kinder geboren. Weniger erfreulich ist der Mangel an Betreuungsplätzen in KiTas und bei Tagesmüttern. Es ist deshalb zwingend erforderlich, das die KiTa am Emmericher Weg so bald wie möglich ihre Arbeit aufnehmen kann. Dies scheint nach aktuellem Stand der Planung und Bauausführung im Spätsommer 2026 möglich zu sein. Auch in Hassum soll eine KiTa für 4 Gruppen gebaut werden. Ein Baugrundstück, auf dem dies planungsrechtlich möglich ist, steht zur Verfügung. Unser Appell an die dortige Dorfgemeinschafft und die CDU Fraktion hier im Rat: Bitte verzögern Sie den Bau und die Inbetriebnahme nicht durch Wünsche, die planungsrechtlich nicht realisierbar sind. Nicht alles, was wünschenswert ist, lässt sich auch realisieren. Eine Kommune ist in ihrer Planungshoheit nur soweit frei, wie es die Landesplanung, hier speziell der Regionalplan, zulässt. Eine Änderung des Regionalplans, auf dessen Grundlage der Flächennutzungsplan im Sinne der Dorfgemeinschaft geändert werden kann, setzt ein Antrags- und Prüfungsverfahren voraus, dass sich über Jahre erstrecken kann und dessen Erfolgsaussichten im vorliegenden Fall eher unwahrscheinlich sind. Wir können aber mit der Inbetriebnahme des Kindergartens in Hassum nicht viele Jahre warten. Sonst stehen die Kinder, die dort eine Platz benötigen, möglicherweise schon in den Abiturprüfungen. In der letzten Sitzung des Bau-und Planungsrates, am 26.02.2025 ist es dankenswerterweise gelungen, das planungsrechtliche Verfahren für das von der Verwaltung vorgeschlagene Grundstück ins Offenlegungsverfahren zu bringen. Lassen Sie und gemeinsam hoffen, dass wir die KiTa in Hassum so bald wie möglich in Betrieb nehmen können
Es gab bereits zur Niers-Kendel-Schule eine Ratsentscheidung, die erst nach einem erfolglosen Bürgerentscheid Rechtskraft erlangt hat. Der dringend notwendige Schulneubau hat sich dadurch um ein ganzes Jahr nach hinten verschoben. Zwischenzeitlich sind die Preise im Bausektor nicht unwesentlich angestiegen. All dies verzögert die Baumaßnahme nicht nur, sondern verteuert sie zusätzlich. Wir sollten deshalb das Interesse einer Dorfgemeinschaft an einem bevorzugten Standort nicht über die Interessen unserer Kinder stellen und den Weg zu einvernehmlichen, gesetzeskonformen Lösungen finden.
Zum Abschluss danke ich der Verwaltung, dass es gelungen ist, eine Sachbearbeiterstelle zu besetzen, die Ausschließlich mit der Suche und Beantragung von Fördermaßnahmen für Kommunale Projekte betraut ist. Erstaunlich finden wir nur, dass ein von unserer Fraktion zum Haushalt 2024, also nur wenige Monate vor der Besetzung dieser Stelle exakt hierzu gestellter Antrag mit der Begründung abgelehnt wurde, es gäbe hierfür keinen Bedarf. Die dann später geschaffenen Fakten lassen allerdings einen anderen Schluss zu.
Mit dieser Anmerkung beende ich meine Rede und danke unserer Kämmerin, Bettina Gansen, und ihren Mitarbeiter*innen für die sicher nicht leichte und sorgenfreie Erstellung dieses Hauhaltplans. Mein Dank gilt auch unserem Bürgermeister, der stets bereit ist, unterschiedliche Standpunkte auch im persönlichen Gespräch offen zu diskutieren und zu einem einvernehmlichen Ergebnis zu führen.
Letztendlich gilt mein Dank auch den Besucher*innen, den Pressevertreter*innen und Ihnen, liebe Kolleg*innen . Danke, dass Sie mir so geduldig zugehört haben. Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihnen das in dieser Form nicht noch einmal zumuten werde.
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